- Umwelt
Im Interview erzählen Maximilian und Vinzenz Heindl, welche Rolle Progroup innerhalb der Familie spielt und welche Bedeutung die Familie für den Erfolg des Unternehmens hat.
Progroup feiert in diesem Jahr 30-jähriges Bestehen. Wie haben Sie als Kind die Zeit rund um die Unternehmensgründung wahrgenommen?
MAXIMILIAN HEINDL: Ich habe schon vor der Progroup-Zeit meinen Vater begleitet, war an den Wochenenden mit ihm in Wellpappwerken unterwegs. Später nahm er mich zu den Baustellen von Progroup mit. Bereits als Kind war ich technikbegeistert und fand seine Arbeit immer spannend. Die Unternehmensgründung war für mich als Kind ein abstraktes Thema. Bei den Besuchen und Eröffnungsfeiern der Werke konnten wir das Wachstum jedoch hautnah erleben.
VINZENZ HEINDL: Ich war damals noch sehr jung, kann mich aber daran erinnern, dass mein Vater seine Strategien und Ideen bei uns zu Hause an seinem Schreibtisch entwickelt hat.
Ihr Vater war aufgrund seiner vielfältigen Verpflichtungen als junger Unternehmensgründer sicher auch viel unterwegs. Wie hat er die Zeit mit Ihnen gestaltet?
VH: Wir haben die gemeinsame Zeit stets sehr intensiv genutzt. Ich erinnere mich an schöne Urlaube mit Wanderungen und an die regelmäßigen Hausbootfahrten in Frankreich mit unserem Vater und unserem Onkel. Damals habe ich Skatspielen gelernt. Bei gemeinsamen Familienabenden oder an Feiertagen machen wir das heute noch sehr gerne. Mit meinem Vater habe ich viele Reisen unternommen, bei denen ich die Möglichkeit hatte, meinen Horizont auf besondere Weise zu erweitern. Meine Eltern legen großen Wert darauf, dass wir diese Reisen nutzen, um über den Tellerrand zu blicken. Aus diesem Grund reise ich heute noch mit Leidenschaft in ferne Länder. Mein Vater nennt dies zu Recht Lernreisen – es geht darum, fremde Kulturen kennenzulernen, sich mit anderen Lebensrealitäten auseinanderzusetzen und dadurch mehr Verständnis für andere Menschen und die eigene Situation zu erlangen.
Äußerst positiv habe ich in Erinnerung, dass wir zum Beispiel beim Segeln mit meinem Vater immer Schulfreunde mitgenommen haben, die in einer selbstverständlichen Haltung dann „Teil der Crew“ waren.
MH: Wenn mein Vater im Dienst ist, fokussiert er sich ganz auf die Arbeit. Aber wenn er mit uns zusammen ist, gilt seine Energie schon immer ungeteilt der Familie. In der Familienzeit steht vor allem die Qualität im Vordergrund. Ich würde daher auch nicht sagen, dass mein Vater nicht präsent war. Für mich waren die gemeinsamen Besuche in den Technikmuseen in Speyer und in München besonders faszinierend. Hier kamen wir auch mit dem Papiermachen in Berührung. Die Naturverbundenheit, die ich mit meinem Vater teile, wurde schon früh geprägt. Ich erinnere mich heute noch gerne an gemeinsame Erlebnisse in der Natur, wie wir zum Beispiel Hütten und mein Baumhaus gebaut oder Burgen erobert haben.
Progroup ist von Anfang an rasant gewachsen. Wie haben Sie diese Entwicklung als Kind und Jugend-licher wahrgenommen?
VH: Das war ein kontinuierlicher Prozess. Physisch greifbar waren für mich als Kind genau wie für Maximilian die Werkseröffnungen. Sie sind bis heute immer wieder schöne Events, an denen ich gerne teilnehme. Dabei ist das Wachstum des Unternehmens live erlebbar. Ich war bei allen Werkseröffnungen dabei. Wir haben diese Ereignisse immer gemeinsam gefeiert. Und in der Familie wurden und werden diese außergewöhnlichen Veranstaltungen mit besonderer Hingabe geplant und gestaltet.
MH: Wie gesagt, ich fand Fabrikhallen und Maschinen schon immer spannend. Die Eröffnung unseres ersten Wellpappwerks in Offenbach war der Anfang: Hier entstand die Tradition, dass mein Bruder oder ich den Progroup-roten Schalter für die symbolische Inbetriebnahme bei den Einweihungen umgelegt haben. Wir haben damals alle Mitarbeiter persönlich gekannt. Viele von ihnen haben uns aufwachsen sehen und arbeiten bis heute bei Progroup. Das erfüllt mich mit Stolz und Demut, vor allem mit Blick auf den nahenden Generationenwechsel.
Gab es einen Moment in dieser Erfolgsgeschichte des Unternehmens, der für Sie Auslöser war, ins Unternehmen einzusteigen?
MH: Die Vorstellung, dass ich einmal ins Familienunternehmen einsteige, war bei mir schon immer da. Ich wollte etwas Ähnliches machen wie mein Vater. Trotzdem fiel die Entscheidung erst nach dem Studium, denn es war auch klar, dass ich mich nicht verpflichtet fühlen muss. Mit zunehmendem Alter habe ich die Arbeit anders wahrgenommen. Zugleich wurden die Projekte immer größer und weitreichender. Der Bau der Papiermaschine PM2 in Eisenhüttenstadt war ein Projekt der Superlative, das ich als Student miterleben durfte. Da habe ich die Dimensionen und Möglichkeiten auf einer ganz neuen Ebene erkannt.
VH: Im Vergleich zu Maximilian fiel die endgültige Entscheidung bei mir spät. Nach dem Studium der Psychologie habe ich mir überlegt, wie auch ich meine persönlichen Stärken und Kompetenzen in das Unternehmen einbringen kann. Ich kenne viele Kunden von Progroup durch Praktika, gemeinsame Reisen und Feste. Die „Power of Cooperation“, die uns mit ihnen verbindet, ist nicht nur Teil der Progroup-DNA. Von dieser Kraft, die aus der Zusammenarbeit entsteht, bin ich auch persönlich zutiefst überzeugt. Deshalb war für mich klar, dass ich in diesem Feld tätig werden will. So entstand das Konzept der Professionals Academy, die sich konkret an die Progroup-Kunden richtet. Sie bietet eine Plattform, auf der sich über branchen- und familienunternehmerspezifische Fragen auf Augenhöhe ausgetauscht werden kann.
In einer Unternehmerfamilie prägt nicht nur das Unternehmen die Familie, sondern auch umgekehrt die Familie das Unternehmen. Welche Bedeutung hat die Familie aus Ihrer Sicht für Progroup?
MH: Die Familie war und ist immer präsent im Unternehmen. Progroup ist eine Familienangelegenheit. Die Mitarbeiter spüren, dass hinter den Entscheidungen eine Familie steht. Gleichzeitig stehen wir als Familie hinter den Mitarbeitern. Progroup ist für uns nicht einfach ein langfristiges Anlageobjekt. Wie wir als Familie agieren, hat Einfluss auf das Unternehmen. Unsere Entscheidungen sind nicht anonym, sondern in gewisser Weise auch nahbar. Schön, dass wir uns das bis heute erhalten haben. Das wird nicht leichter, je größer das Unternehmen wird. Ich nehme meine Kinder auch gerne zu den Werken mit, wir waren dieses Jahr gemeinsam beim Tag der offenen Tür der Papierfabrik PM3 in Sandersdorf-Brehna. Da wir heute so viele Standorte haben, ist das allerdings nicht mit meiner Kindheit im Unternehmen vergleichbar.
Spricht man mit Wegbegleitern Ihres Unternehmens, hört man immer wieder, dass Ihre Mutter Herta Heindl eine ganz entscheidende Rolle beim Erfolg spielt. Wie haben Sie das als Kind und jetzt als Erwachsener wahrgenommen?
MH: Meine Mutter hat sich über die Jahre immer intensiver in das Unternehmen eingebracht. Ohne dass dies zwingend von Anfang an so geplant war. Unsere Eltern ergänzen sich gut. Unsere Mutter hat viele entscheidende Dinge mitgeprägt. Die Ästhetik und das Arbeitsumfeld im Unternehmen tragen ihre Handschrift. Sie hat maßgeblich die architektonischen Entscheidungen in den Innenräumen getroffen, arbeitet eng mit den Kollegen aus dem Bereich Wachstumsprojekte zusammen – insbesondere in den letzten Jahren. Sie hat es außerdem immer unterstützt, dass die Familie im Unternehmen sichtbar ist. Als wir älter wurden, war sie gemeinsam mit uns bei den offiziellen Terminen immer dabei.
VH: Für mich als kleines Kind war meine Mutter natürlich in erster Linie meine Mutter. Aber ich weiß, dass ihr kommunikativer und offener Charakter das Unternehmen geprägt hat. Sie fragt Mitarbeiter nach ihrem Befinden und steht für ein Wertesystem des Kümmerns und der Verantwortung.
MH: Ja, diese Haltung teilen wir innerhalb der Familie und legen Wert darauf, dass sie auch ins Unternehmen übertragen wird. Das ist federführend unserer Mutter zu verdanken.
Sie verbringen jedes Jahr mehrere Tage gemeinsam im Pfälzer Wald. Ganz ohne Familie, nur Sie beide. Wie kam es zu dieser Tradition?
VH: Das begann vor etwa acht Jahren. Ich wollte meinem Bruder ein besonderes Geburtstagsgeschenk machen. Da habe ich mir gedacht, ich schenke ihm Zeit und wir gehen gemeinsam einige Tage wandern – in unserer Region, direkt vor der Tür.
MH: So entstand die Idee, dass wir einmal im Jahr gemeinsam wandern. Es geht dabei vor allem um den intensiven Kontakt und den Austausch.
Wie läuft so eine Tour ab? Welche Dinge werden dort besprochen?
VH: Maximilian hat durch seine Position und Familie mit zwei Kindern etwas weniger Zeit als ich, daher bereite meist ich die Touren vor. Ich suche uns eine Strecke und die Unterkunft aus und wir vereinbaren rechtzeitig einen Termin, oft ist das ein Wochenende. Ansonsten benötigen wir kein Programm. Die Natur und die Gespräche stehen im Vordergrund. Der Fokus liegt dabei auf der familiären Ebene, aber natürlich geht es auch mal um das Familienunternehmen.
MH: Wir sprechen meistens über Privates. Aber wir beraten uns auch gegenseitig, wenn Bedarf ist. Wir haben ein offenes Ohr für den anderen. Es ist mir wichtig, auch in Zukunft daran festzuhalten. Wir sind per se sehr unterschiedlich, ich bin eher der Naturwissenschaftler, Vinzenz der Geisteswissenschaftler. Der Austausch ist immer gewinnbringend, weil er eine andere Perspektive eröffnet.
Welchen Rat geben Sie jungen, potenziellen Familiennachfolgern, die noch nicht wissen, ob sie einmal im Unternehmen arbeiten möchten?
VH: Ich rate dazu, das Gespräch mit anderen zu suchen, die in einer ähnlichen Situation sind. Man kann von den Erfahrungen anderer immer profitieren.
MH: Das ist ein wichtiger Aspekt. Man sollte immer den Austausch mit anderen suchen, die schon einen Schritt weiter sind. Und sich rechtzeitig mit der Entscheidung vertraut machen. Kann ich vorher etwa in einem Praktikum einen Einblick erhalten? Ich habe viele Jahre bei Progroup mitgearbeitet – vor und neben meinem Studium –, bevor ich meine Entscheidung endgültig getroffen habe. Ich rate, nicht zu früh ins Familienunternehmen einzusteigen, sondern zunächst die Chance zu nutzen, auch in einem anderen Umfeld Erfahrungen zu sammeln.
Wichtig ist vor allem, dass man seinen eigenen Weg geht und eine Ausbildung oder ein Studium auswählt, die einem Spaß machen. Da man als Nachfolger in einem Familienunternehmen in der Regel in einer leitenden Position tätig ist, sollte man sich vorher bewusst sein, dass diese Rolle fordernd ist. Umso sicherer sollte man sein, dass sie mit Leidenschaft ausgeführt wird. Aus reinem Pflichtgefühl eine Entscheidung zu treffen, ist falsch. Das führt zu keinem Erfolg.
Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: Für die nachfolgenden Generationen in unserer Familie wünsche ich mir, …
MH: … dass sie ihren Lebensweg genauso ohne Restriktionen oder falsch verstandenes Pflichtbewusstsein finden, wie mein Bruder und ich es konnten.
VH: … dass sie sich den Gestaltungsspielraum und ihre Freiheitsgrade erhalten können und im Hintergrund ein haltgebendes Wertesystem haben. Ich wünsche ihnen, dass die Familie ein Rückgrat ist und sie die Möglichkeit haben, aufgrund der eigenen Stärke voranzukommen.
Was wünschen Sie Ihrem Bruder für die nächsten Jahre?
VH: Dass wir es weiterhin so gut schaffen, uns zu ergänzen und Verständnis füreinander zu zeigen. Dass wir weiterhin Respekt für unsere jeweilige Position haben. Dass wir unsere Kompetenzen für die nächsten Generationen einsetzen können.
MH: Wir sind beide aktiv für den Erfolg des Unternehmens, zwar auf unterschiedliche Art und Weise, aber immer mit dem gleichen Ziel: Progroup weiter nach vorne zu bringen und enkelsicher zu machen. Da wir uns in der jetzigen Konstellation hervorragend ergänzen, ergibt sich daraus eine große Chance. Eine Chance für uns als Brüder und für die Zukunft von Progroup.
VINZENZ HEINDL, Jahrgang 1990, ist Psychologe und Geschäftsführer der Professionals Academy SPO GmbH. Die Professionals Academy ist eine Plattform zum Austausch über branchen- und familienunternehmerspezifische Fragen. Sie ist Teil der JH Holding GmbH, des Hauptgesellschafters der Progroup AG.
MAXIMILIAN HEINDL, Jahrgang 1983, ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Progroup AG. Zum Jahreswechsel 2022/2023 übernimmt er in zweiter Generation den Vorstandsvorsitz. Der Wirtschaftsingenieur und Vater von zwei Kindern trat 2016 als Head of Production and Technology Paper in das Unternehmen ein.